Veröffentlicht:
August 4, 2021
Zuletzt aktualisiert:

Wie V2G und V2H skaliert werden können

Nico Lerch
Senior Account Executive

Vehicle-to-Grid (V2G) und Vehicle-to-Home (V2H) sind zu den neuesten Schlagwörtern in der Energiebranche geworden. Doch wie groß ist ihr tatsächliches Potenzial, und wie können wir die Herausforderungen überwinden, um eine ausgereifte und umfassende Lösung zu finden?

Elektrofahrzeuge (EVs) sind sehr effektiv bei der Reduzierung von Kohlenstoffemissionen im Verkehr. Eine aktuelle Studie des International Council on Clean Transportation hat gezeigt, dass die Lebenszyklusemissionen eines kompakten Elektroautos fast 70 Prozent niedriger sind als die seines benzinbetriebenen Gegenstücks, eine Zahl, die bis 2030 aufgrund eines ständig verbesserten Strommixes auf fast 80 Prozent steigen dürfte. Darüber hinaus haben Elektroautos aber auch großes Potenzial als bidirektionale EVs, da sie einen Energieaustausch mit dem Stromnetz ermöglichen.

Was die Stromerzeugung betrifft, so haben erneuerbare Energiequellen einen viel höheren Wirkungsgrad von der Quelle bis zum Endverbraucher (70 Prozent) als Kraftwerke für fossile Brennstoffe (30 Prozent). Allerdings wirkt sich die instabile Natur der erneuerbaren Energiequellen unter anderem negativ auf Netzspannung, Frequenz und Reaktionsvermögen aus. Speicher und neue digitale Lösungen spielen daher eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Zeiten mit viel Wind oder Sonnenlicht mit Schlechtwetterperioden auszugleichen, um eine gleichmäßige und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten.

Gleichgewicht ist alles 

Ein typisches Elektroauto steht durchschnittlich 23 Stunden pro Tag ungenutzt herum, während gleichzeitig potenzielle Energie vergeudet wird, da das Stromnetz nicht immer mit der überschüssigen erneuerbaren Energie umgehen kann. Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Grid (V2G) helfen, diese Probleme zu lösen, indem sie nicht nur Energie aus dem Haus oder dem Netz beziehen, sondern auch Energie in die andere Richtung über ein bidirektionales Ladegerät zurückliefern. Auf diese Weise kann ein bidirektionales Elektrofahrzeug die nötige Flexibilität für den Umgang mit erneuerbaren Energien sowohl in Haushalten als auch im Netzbetrieb der Gemeinde bieten. Doch worin unterscheiden sich V2H und V2G?

V2H: Bei diesem Modell kann ein einzelnes Elektrofahrzeug nach einem bestimmten Schema von/zu einem Haus laden und entladen. Das Auto fungiert als steuerbare Last und als Energiespeicher, genau wie eine Hausbatterie. Somit ermöglicht V2H den Hausbesitzer:innen, ihre Selbstversorgung weiter zu maximieren. 

Vehicle-to-Grid V2G

V2G: Vehicle-to-Grid erfordert eine komplexere Steuerung, bietet aber auch Flexibilität in größerem Umfang. Hier können mehrere Elektrofahrzeuge an das Stromnetz angeschlossen werden, um Energie zu beziehen und wieder einzuspeisen. Dabei müssen Batterietyp und -kapazität, individuelle Mobilitätsbedürfnisse, Strompreise, Leistungsflüsse des Netzes und Netzregulierung sorgfältig berücksichtigt werden. Der Zweck von V2G ist es, dem Netz aggregierte Vorteile zu bieten, zum Beispiel Ausgleichsleistungen.

Einen Standard setzen

Die Ermöglichung bidirektionaler Stromflüsse ist keine einfache - oder billige - Aufgabe. Eine Schlüsselkomponente ist ein bidirektionaler Wechselrichter, da die Elektrizität vom Netz in Wechselstrom geliefert wird, während die Batterien nur mit Gleichstrom speichern können. Der Wechselrichter muss daher in der Lage sein, zwischen dem Betrieb als Wandler (Strom fließt zum Auto) und als Wechselrichter (Strom fließt vom Auto weg) zu wechseln. 

Darüber hinaus sind bestimmte internationale Normen erforderlich, um eine V2G-Kommunikationsschnittstelle für bidirektionales Laden zu definieren. ISO 15118 bietet die „Plug and Charge“-Funktion, die es einem E-Fahrzeug ermöglicht, sich automatisch an einer Ladestation zu identifizieren und zu autorisieren. Ohne diese Norm ist V2G eine viel größere Herausforderung.

Den Hürdenlauf meistern

Technisch sind V2G und V2H schon seit Jahren möglich. Warum haben die Automobilhersteller dann so viele Probleme, diese Technologie auf breiter Ebene einzuführen? Das liegt vor allem daran, dass standardisierte Protokolle für Batteriemanagementsoftware (BMS) und Ladestationen für Elektrofahrzeuge (EVCS) fehlten. Die meisten Pilotprojekte waren proprietär und nur wenige stützten sich auf ISO 15118. Eine interoperable Sprache für alle EV und EVCS würde die Komplexität drastisch reduzieren und die Akzeptanz erhöhen. 

Auch die Kosten stellen nach wie vor ein Hindernis dar, da die Logik zur Verwaltung der bidirektionalen Energieflüsse im Widerspruch zu den herkömmlichen Batteriemanagementsystemen steht und immer noch einen erheblichen Entwicklungsaufwand erfordert. Wechselrichter mit bidirektionalen Fähigkeiten haben auch höhere Hardwarekosten. Die Kosten können jedoch langfristig durch Größenvorteile überwunden werden.

Außerdem sind die Netzbetreiber nicht daran interessiert, dass es mehrere Teilnehmer am Regelenergiemarkt gibt, wofür V2G hauptsächlich eingesetzt werden soll. Das bedeutet, dass sie entweder die Weiterentwicklung des Themas behindern oder bestenfalls untätig bleiben. Schließlich ist noch nicht geklärt, wer laut Verordnung der Garantienehmer für Autos ist, die in V2G- oder V2H-Konfigurationen eingesetzt werden. Wer muss zum Beispiel zahlen, wenn das Auto im V2G-Modus eine Fehlfunktion hat? Solche Fragen müssen von den Regulierungsbehörden und den Marktteilnehmern geklärt werden, bevor sich die Technologie durchsetzen kann. 

Frühere Beispiele in der Energiebranche, wie Hausbatterien und Elektrofahrzeuge, zeigen starke und weniger preissensible frühe Anwendersegmente, sowohl im privaten als auch im gewerblichen Bereich. Das bedeutet, dass Preis und Leistung nicht unbedingt gleich sein müssen, zumindest nicht am Anfang.

Der Business Case

Um eine höhere Sättigung von V2G- und V2H-Anwendungen zu erreichen, sind ausgefeilte Prognosen auf der Grundlage von lokaler Überwachung und Steuerung entscheidend. Darüber hinaus ist eine netzfreundliche Optimierung jedes Standorts erforderlich. gridX hat zusammen mit E.ON eine dynamische Ladelösung für Haushalte entwickelt, die ein intelligentes Energiemanagementsystem sowie ein bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen ermöglicht. 

Vehicle-to-Home (V2H)

In diesem „xHouse“ genannten Anwendungsfall steuert die gridBox eine Photovoltaikanlage, mehrere stationäre Hausbatterien und eine bidirektionale Ladestation zur intelligenten Steuerung des Stromverbrauchs im Haus. Dies erhöht die Autarkie der Hausbesitzer in Bezug auf Strom und Mobilität, unterstützt einen flexiblen Energieverbrauch, stabilisiert das Netz und hilft, den Energieverbrauch und die Kosten zu senken. 

In dem Maße, wie die Zahl der öffentlich zugänglichen EVCS wächst, steigen auch ihre Vorteile in Kombination mit V2G-Systemen. So könnten die Endnutzer beispielsweise von geringeren Parkkosten oder einer kostenlosen Batterieladung profitieren. Auch die Betreiber von Ladestationen hätten einen größeren Anreiz, diese Systeme anzubieten, da Betriebskosten und damit Gesamtrendite verbessert werden können. Daher könnte V2G wirtschaftlich sinnvoller sein als V2H, das sich nur auf die Optimierung des Eigenverbrauchs von Hausbesitzer:innen konzentriert.

Ungeachtet dessen ist es klar, dass V2G und V2H sowohl praktikabel als auch nützlich sind. Wir haben in den letzten Jahren eine große Anzahl von spannenden und erfolgreichen Pilotprojekten gesehen. Jetzt ist es an der Zeit, diese Konzepte auf der Grundlage standardisierter Protokolle für die Massenproduktion von E-Fahrzeugen und EVCS zu skalieren. 

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