Veröffentlicht:
29. Januar 2024
Aktualisiert:

Elektrifizierung

Elektrifizierung beschreibt den Prozess, in dem fossil betriebene Geräte durch ein elektrisch betriebenes Äquivalent ersetzt werden. Derzeit durchlaufen ganze Sektoren, wie Mobilität und Heizung, diesen Prozess. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Stromnachfrage erheblich ansteigt. Für einen Haushalt könnte das etwa bedeuten, dass ein Gaskessel, der üblicherweise durch Verbrennung fossiler Brennstoffe betrieben wird, durch eine energieeffizientere und emissionsfreundlichere Wärmepumpe ersetzt wird, die mit Strom betrieben wird. Damit sich die Elektrifizierung auch tatsächlich positiv auswirken kann, muss sie zwangsläufig mit einem Anstieg der erneuerbaren Stromerzeugung einhergehen. Die Anpassung der intermittierenden, oft dezentralen, erneuerbaren Energiequellen an die steigende Stromnachfrage ist eine zunehmende Herausforderung, die intelligente Energiemanagement Lösungen erfordert.

Die Geschichte der Elektrifizierung

Traditionell bedeutet Elektrifizierung die zunehmende Nutzung von Elektrizität zur Versorgung von Haushalten und Industrie. Obwohl die Elektrizität bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts erforscht wurde, kam die Elektrifizierung erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts dank des Dynamos (1866) in Schwung, der die Stromerzeugung in großem Maßstab kommerziell möglich machte. Die elektrische Übertragung wurde dann in den 1880er Jahren entwickelt. Die Elektrifizierung war eine der wichtigsten Triebkräfte der zweiten industriellen Revolution (1870–1914) und ermöglichte bedeutende Entwicklungen in der verarbeitenden Industrie, im Eisenbahnverkehr, bei der Straßenbeleuchtung und in anderen Bereichen. Erst ab den 1920er Jahren wurden die Haushalte mit Strom versorgt. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden Häuser und Industrie mehr und mehr elektrifiziert. Doch die Industrialisierung führte auch zu einem Anstieg der Emissionen aus fossiler Energieerzeugung. Heute ermöglichen fortschrittliche Technologien eine Neudefinition der Elektrifizierung und der Nutzung von Strom. Das bedeutet, dass die Elektrifizierung jetzt als Ersatz für fossile Brennstoffe durch elektrifizierte Technologien bezeichnet wird, die mit erneuerbaren Energiequellen betrieben werden.

Bereiche, die aktuell elektrifiziert werden

Aktuell werden viele Bereiche elektrifiziert, damit sie weniger CO2-Emissionen verursachen. Unten aufgeführt sind einige Bereiche, die derzeit einen Wandel durchlaufen:

Transport

Die Elektrifizierung des Verkehrssektors birgt großes Potenzial, da der Landverkehr im Jahr 2022 für 18 Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich war. Durch das Ersetzen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (ICE) durch Elektrofahrzeuge (EVs) können diese Emissionen drastisch reduziert werden. Neben Privatfahrzeugen elektrifizieren Unternehmen auch ihre Fuhrparks, sodass unter anderem Logistik, Autovermietungen und Firmenwagen elektrische Antriebe nutzen. Darüber hinaus sind Elektrobusse und -lastwagen auf dem Vormarsch. Es wird erwartet, dass bis 2035 70 Prozent der Lkws in Europa, Nordamerika und in Großchina emissionsfrei sein werden. Um diesen Wandel zu unterstützen, verbessern die Hersteller schrittweise die Effizienz von Batterien, um deren Reichweite zu erhöhen, während intelligente Ladelösungen die EVs zunehmend kosteneffizienter und die Ladevorgänge reibungsloser machen. 

Heizen und Kühlen

Fast die Hälfte des Energieverbrauchs in Gebäuden entfällt auf das Heizen von Häusern oder Anlagen. Fast zwei Drittel der zum Heizen verwendeten Energie sind auf fossile Brennstoffe angewiesen. Es ist jedoch möglich, Gebäude nach Bedarf zu heizen und zu kühlen, ohne Gas zu verbrennen und Treibhausgase auszustoßen. Wärmepumpen werden zunehmend als Lösung für die Dekarbonisierung des Heizungssektors angesehen. Durch die Installation von Wärmepumpen, die mit Strom betrieben werden, sowie den Anschluss an ein Energiemanagementsystem im Haus werden Heizung und Kühlung nachhaltiger, intelligenter und effizienter. Laut 'Net Zero Emissions'-Szenario der International Energy Agency (IEA) könnten durch die Verbesserung der Gebäudeeffizienz, die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien und die Elektrifizierung der Heizung die Emissionen im Gebäudesektor bis zum Ende des Jahrzehnts um die Hälfte sinken.

Luftfahrtindustrie

Die Luftfahrtindustrie hat einen der am schnellsten wachsenden CO2-Fußabdrücke. Im Jahr 2022 erreichten die Emissionen in diesem Sektor fast 800 Millionen Tonnen CO2. Um die Luftfahrt zu dekarbonisieren, sind innovative Technologien erforderlich. Jüngste Verbesserungen und Tests haben das Potenzial für Flugzeuge mit Elektro-, Wasserstoff- oder Hybridantrieb aufgezeigt, aber die Technologie ist noch nicht ausgereift genug und muss weiterentwickelt werden. Doch die Regierungen erhöhen die steuerliche Unterstützung, um sicherzustellen, dass auch dieser Sektor elektrifiziert werden kann.

Verschiedene Arten der Elektrifizierung

Elektrifizierung von Gebäuden

Neben Fahrzeugen und Heizungen können auch andere Haushaltsgeräte wie Herdplatten und Backöfen elektrifiziert werden. Sie sind nicht nur umweltfreundlich, sondern auch leistungsfähig. Induktionskochfelder sind bis zu doppelt so ergiebig wie herkömmliche Gasherde und ermöglichen ein gleichmäßiges Kochen, eine präzisere Temperaturregelung und mehr Sicherheit.

Darüber hinaus ermöglicht die Elektrifizierung die zentrale Steuerung integrierter Geräte, intelligenter Thermostate und LED-Glühbirnen und verwandelt Häuser in intelligente Häuser, die effizienter, sicherer und komfortabler sind. In einem intelligenten Haus steuert ein zentrales System den Energieverbrauch optimal, indem es beispielsweise die Waschmaschine betreibt, wenn die Stromkosten niedriger sind, oder indem es die Beleuchtung und die Raumtemperatur anhand der Gewohnheiten der Bewohner selbständig anpasst.

Industrielle Elektrifizierung

Der Industriesektor ist immer noch stark von fossiler Energie abhängig. Da schwere Maschinen angetrieben werden müssen, fossile Brennstoffe verbrannt werden und Gase aufgrund chemischer Reaktionen freigesetzt werden, ist der Industriesektor für 23 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Aber auch dieser Sektor kann von der Elektrifizierung profitieren. Durch die Installation von Wärmepumpen zum Heizen oder Kühlen von Anlagen und die Umstellung auf elektrifizierte Technologien lässt sich ein erheblicher Teil der Emissionen einsparen. Um eine kontinuierliche Stromversorgung zu gewährleisten, ist die Installation von Photovoltaik (PV)-anlagen auf den Dächern von Lagerhäusern von Vorteil, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.

Elektrifizierung von Städten

Die Infrastruktur großer städtischer Gebiete kann auf verschiedene Weise elektrifiziert werden. Da der öffentliche Verkehr einer der größten Verursacher von Emissionen ist, würde die Elektrifizierung des Verkehrssystems auch die Luftqualität verbessern, die Lärmemissionen verringern und die Treibhausgasemissionen reduzieren. Auch Gebäude können auf saubere Technologien umgestellt werden, indem sie mit Sonnenkollektoren und Wärmepumpen ausgestattet werden. Smart Districts oder intelligente Städte (Smart Cities) sind ein gutes Beispiel dafür, wie erneuerbare Technologien und elektrifizierte Anlagen in städtische Gebiete integriert und eingebunden werden können, um die Lebensqualität der Anwohner:innen zu verbessern.

Sektorenkopplung

Die Elektrifizierung von Heizung, Mobilität und Industrie führt zur Sektorenkopplung, , dem sektorübergreifenden Austausch von Energie. Dieser ermöglicht eine effizientere und vernetzte Nutzung von Ressourcen. Durch die Elektrifizierung angrenzender Sektoren und deren Einbindung in ganzheitliche Energiemanagementsysteme wird alles vernetzter, kosteneffizienter und intelligenter. Abfälle und Emissionen werden minimiert und die Nutzung aller Ressourcen, insbesondere von erneuerbarem Strom, wird maximiert.

Warum ist Elektrifizierung wichtig?

Die weltweiten Emissionen aus fossilen Brennstoffen erreichten im Jahr 2022 einen Rekordwert von 36,6 Milliarden Tonnen. Um das angestrebte Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen, muss die Energieerzeugung dekarbonisiert werden, was nur möglich ist, wenn wir aus fossilen Brennstoffen aussteigen und auf erneuerbaren Strom umsteigen. Elektrifizierte Anlagen wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen sind nur so nachhaltig wie der Strom, der sie betreibt. Das bedeutet, dass die Elektrifizierung mit einem Ausbau der erneuerbaren Energien einhergehen muss. Die Elektrifizierung ist auch eine wichtige Lösung für diese beiden großen Herausforderungen:

Energiewende:

Das Hauptziel der Energiewende ist die Reduzierung der Treibhausgasemissionen, um den Anstieg der globalen Temperaturen zu begrenzen. Der Ersatz fossiler Brennstoffe in der Industrie, im Transportwesen und im Gebäudesektor durch elektrifizierte Technologien ist der effizienteste und kostengünstigste Weg zur Dekarbonisierung der Energiewirtschaft. Wie bereits erwähnt, geht dieser Wandel mit der Zunahme der erneuerbaren Energiequellen einher. Die Erzeugung von Strom mit nachhaltigen Lösungen, wie zum Beispiel PV-Systemen, und der Ausgleich von Nachfrage und Verbrauch durch Strategien wie Peak Shaving ist nicht nur umweltfreundlich, sondern maximiert auch die Selbstversorgung der Verbraucher:innen und ermöglicht es ihnen, Prosument:innen zu werden.

Energiesicherheit und Unabhängigkeit:

Viele Länder waren stark von Öl- und Gaslieferungen aus Russland abhängig. Aufgrund geopolitischer Konflikte wurde diese Versorgung jedoch unterbrochen, was zu Lieferengpässen, steigenden Kosten und der Energiekrise 2022 führte. Indem sie auf elektrische Alternativen statt auf fossile Brennstoffe setzen, werden die Länder unabhängiger von ihrer eigenen sicheren Versorgung mit nachhaltigem Strom und können proaktiv Maßnahmen gegen steigende Preise ergreifen.

Herausforderungen bei der Elektrifizierung

Um das Dekarbonisierungspotenzial der Elektrifizierung voll auszuschöpfen, ist eine Umstellung auf kohlenstoffarme Energiequellen wie erneuerbare Energien erforderlich. Doch mit der zunehmenden Elektrifizierung von Anlagen und Technologien steigt auch die Nachfrage nach Strom und Netzstabilität. Tatsächlich wird der Strombedarf in der EU zwischen 2020 und 2050 voraussichtlich um 40 Prozent steigen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese hohe Nachfrage durch eine gleichzeitige Steigerung in der Erzeugung erneuerbarer Energien gedeckt wird. Diese Grafik zeigt, wie die Erzeugung erneuerbarer Energien zugenommen hat und ab 2022 weiter ansteigen und die Prognose sogar übertreffen wird.

Ab 2025 werden erneuerbare Energiequellen mehr als ein Drittel der weltweiten Stromerzeugung ausmachen. Die Gründe dafür sind, dass die Regierungen beginnen, die Dringlichkeit der Dekarbonisierung der Energieerzeugung zu erkennen und sie auf erneuerbare und elektrifizierte Quellen zu verlagern. Um erfolgreich auf erneuerbare Energien zu setzen, ist es unerlässlich, diese mit den richtigen Strategien zu kombinieren. Da die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in hohem Maße von externen Faktoren wie dem Wetter abhängt, ist die Nachfragesteuerung von entscheidender Bedeutung, um eine unstete Versorgung zu vermeiden. Die nachfrageseitige Flexibilität ist eine Strategie, die darauf abzielt, den Stromverbrauch während der Nachfragespitzen zu reduzieren. Elektrifizierung und Dezentralisierung erfordern Flexibilität auf der Nachfrageseite, damit Verbrauchs- und Erzeugungsmuster als Reaktion auf externe Signale angepasst werden können. Durch die Anpassung der Verbrauchsmuster an die Verfügbarkeit nachhaltiger Energie kann die Nachfrage ausgeglichen werden, um Lastspitzen zu vermeiden. Dies verlagert die Abhängigkeit von externen Faktoren, da diese Strategie die Nachfrage der angeschlossenen Anlagen oder Geräte kontrolliert und steuert und eine stetige Versorgung mit Energie aus erneuerbaren Quellen gewährleistet.