Veröffentlicht:
März 19, 2024
Aktualisiert:
18. März 2024

Paragraph 14a EnWG

Der Paragraph 14a (auch § 14a) ist Bestandteil des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Er ist seit dem „Gesetz zur Neuordnung des Energiewirtschaftsrechts“ im Jahr 2011 Bestandteil des EnWG. Die neuen Regelungen der Bundesnetzagentur, die dem Paragraphen 14a entsprechen, sind zum Jahresbeginn 2024 in Kraft getreten.

Was bedeutet Paragraph 14a EnWG?

Die Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors ist entscheidend für eine erfolgreiche Energiewende. Allerdings stellt dieser Prozess auch eine große Herausforderung für unsere Netze dar. Die Anforderungen an Niederspannungsnetze durch den Wechsel auf Wärmepumpen, Ladestationen für Elektroautos (EVs), Solaranlagen und zukünftig auch vermehrt eingebaute Batteriespeicher steigen erheblich an. Obwohl viele dieser Anlagen steuerbar sind, um eine zweckmäßige Verwendung zu gewährleisten, reicht die zeitnahe Anpassung der Verteilernetze alleine nicht aus, um eine schnelle Integration dieser steuerbaren Verbraucher in das Netz und den Markt sicherzustellen. 

Somit ist es unumgänglich, die Nutzung der Netzinfrastruktur zeitnah und präventiv zu optimieren. Gleichzeitig muss vermieden werden, dass lokale Leitungen überlasten, da das Stromausfälle nach sich ziehen würde. Und auch die Versorgungssicherheit muss gegeben sein. Um Verzögerungen bei der Anbindung von Wärmepumpen und Ladestationen zu vermeiden, ist eine Notfallsteuerung durch den Verteilernetzbetreiber aus Expertensicht sinnvoll und notwendig. Und da setzt der neue § 14a des EnWG an. 

Seit dem 1. Januar 2024 gelten die neuen Regelungen nach § 14a, die es möglich machen, dass Netzbetreiber bei potenziellen Überlasten die Leistung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen vorübergehend reduzieren können, aber diese nicht komplett abschalten dürfen. Als Gegenleistung sollen Verbraucher:innen von einer Reduktion des Netzentgelts profitieren. Mit Beginn des Jahres 2024 ist dies für alle neu in Betrieb genommenen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen verpflichtend. Zugleich werden die Netzbetreiber dazu verpflichtet, ihre Anteilnahme durch Eingriffe und aktive Steuerung zu erhöhen und den Netzausbau bedarfsgerecht voranzutreiben. Auch dürfen sie den Anschluss dieser neuen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr aufgrund von zu geringer Netzkapazität ablehnen oder verschieben. Es gilt nun eine Anschlussverpflichtung.

Was sind steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach § 14a EnWG?

Unter steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gelten nach § 14a EnWG Entnahmestellen in Niederspannungsnetzen, die für die Belieferung von ortsfesten elektrischen Heizgeräten zur Warmwasserbereitung und Raumerwärmung oder Raumkühlung sowie dem nicht-öffentlichen Laden von Elektrofahrzeugen dienen. Darunter zählen Wärmepumpen, Klimaanlagen und hinsichtlich der Einspeicherung (Aufladen) auch Batterien – also Energieanlagen jeweils mit einer Nennanschlussleistung von über 4,2 kW. Bei Vorhandensein mehrerer Wärmepumpen und Klimaanlagen werden diese, bezogen auf ihre jeweilige Nennanschlussleistung, rechnerisch zusammengefasst.

Entstehungsgeschichte von § 14a EnWG

Der § 14a ist per se kein neuer Gesetzesentwurf. Bereits 2011 wurde er durch das „Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftlicher Verfahren” in das EnWG aufgenommen. Die Neuerung beabsichtigte, Netzbetreibern die Befugnis zu geben, sogenannte „vollständig unterbrechbare Verbrauchseinrichtungen“ in den Niederspannungsnetzen zur Entlastung des Netzes zu steuern. Darüber hinaus sollte dies laut der Gesetzesbegründung das Fundament für intelligente Netze (Smart Grids) schaffen. 2016 wurde das Gesetz aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung im Zuge der Energiewende überarbeitet. So wurden die „vollständig unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen” durch „steuerbare Verbrauchseinrichtungen” ersetzt. Trotz dessen, dass der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zum „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ eine genauere Ausformulierung des § 14a gefordert hatte, wurde dieser Empfehlung bis zum Jahr 2022 nicht nachgegangen.

Ausgestaltung in 2022

Im November 2022 präsentierte die Bundesnetzagentur (BNetzA) Eckpfeiler, die eine vereinfachte Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen in das Stromnetz ermöglichen sollten. Die Ausarbeitung des Gesetzes sollte regulatorische Klarheit und verlässliche Rahmenbedingungen für die „netzdienliche Steuerung“ schaffen, um trotz erwarteter höherer Bezugsleistungen aufgrund der fortschreitenden Elektrifizierung die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Neuerungen beinhalten genauere Definitionen der Steuerungsberechtigung, insbesondere bei der Festlegung einer Mindestbezugsleistung von 3,7 kW bei Steuerungseingriffen. Zudem wurde den Betreibern steuerbarer Verbrauchseinrichtungen ein sofortiger Netzanschluss garantiert, um Verzögerungen oder Ablehnungen seitens des Netzbetreibers zu verhindern. Dies war besonders wichtig, da die Teilnahme an der netzorientierten Steuerung vorausgesetzt wird, sollte die Nutzung die Versorgungssicherheit nicht gefährdet werden. Die Änderungen beinhalteten auch Regelungen zu neuen Dokumentationspflichten für Steuerungsmaßnahmen und der Verpflichtung zum Netzausbau, -verstärkung und -optimierung, falls bereits Steuerungsmaßnahmen ergriffen wurden oder weitere Maßnahmen zu erwarten seien.

Aktuell gültige Fassung des § 14a EnWG seit Anfang 2024

Im Juni 2023 wurde dann auf Basis eingereichter Anpassungsvorschläge eine revidierte Form der Regelungen verfasst und ein zweites Konsultationsverfahren eröffnet.

Die „Durchführung der netzorientieren Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen” sowie die damit verbundene Senkung der Netzentgelte blieben nach wie vor Kernaspekte des § 14a EnWG. Die neu konsultierte Verfassung beinhaltet an vielen Stellen angepasste Wortlaute und Konkretisierungen. Auch wurde sie um einige weitere Aspekte ergänzt.

Die neuen Regelungen beinhalten nun zwei Vorschläge: Das Verfahren der Beschlusskammer 6 umfasst die Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen, wohingegen das Verfahren der Beschlusskammer 8 die damit verbundene Reduzierung der Netzentgelte regelt.

Was hat sich konkret geändert?

Netzwirksame Leistung

Die garantierte Mindestbezugsleistung steuerbarer Verbrauchseinrichtungen wurde bei netzorientierten Steuerungseingriffen von 3,7 kW auf 4,2 kW erhöht. Dies umfasst lediglich ein Mindestmaß des netzwirksamen Leistungsbezugs aus dem Verteilnetz, das seitens des Netzbetreibers zu gewähren ist. Sollten sich mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen in einem Netzanschluss befinden, wird der minimale Leistungsbezugs entsprechend am Netzanschlusspunkt erhöht. 

Netzorientierte Steuerung

Die „Dynamische Steuerung” wird nun als „netzorientierte Steuerung” bezeichnet. Die Basis dafür ist die Netzzustandsermittlung unter Berücksichtigung und Berechnung der Netzmodelle.

Zudem wurde der Begriff „diskriminierungsfrei” für Steuerungseingriffe eingeführt. Dies bedeutet, dass sich die Steuerung in einem Netzgebiet oder -strang in Bezug auf Intensität und Zeit nicht wesentlich zwischen den angeschlossenen Haushalten unterscheiden darf. Der Fokus liegt darauf, nicht immer denselben Haushalt zu „dimmen“ nur weil die Steuerung dort am effektivsten wäre. 

Netzausbau

Im Punkt Netzausbau wurde nicht viel verändert. Die Netzbetreiber müssen weiterhin die netzorientierte oder präventive Steuerung in ihre Planung integrieren und aktiv umsetzen. Hinzu kam jedoch, dass die Umsetzbarkeit der netzorientierten Steuerung bei der Netzausbauplanung nach § 14a grundsätzlich berücksichtigt werden muss.

Zeitvariable Netzentgelte

Wenn in einem Netzbereich netzorientierte oder präventive Steuerung notwendig ist und auch zukünftig erforderlich sein wird, haben Netzbetreiber dies bei ihrer Netzausbauplanung berücksichtigen.

Der Netzbetreiber ist nun verpflichtet, mehrere Zeitfenster mit zwei (bald drei) Preisstufen anzubieten. Alternativ dazu kann er, bei einer Messung des Verbrauchs von einer oder mehreren steuerbaren Verbrauchseinrichtungen über einen separaten Zählpunkt, eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises anbieten.

Die Reduzierung besteht entweder aus einem pauschalen Betrag, der je Netzgebiet variieren kann (Modul 1) oder einer prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2). Der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung kann zwischen beiden Modulen auswählen.

  • Bei Modul 1 gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann abhängig vom Netzgebiet zwischen 110 und 190 Euro (brutto) im Jahr betragen. Das entspricht einer Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2.500 kWh) zu zahlenden Netzentgelts.
  • In Modul 2 erfolgt eine 60-prozentige Reduzierung des Arbeitspreises, vorausgesetzt, eine separate Messstelle für die steuerbare Verbrauchseinrichtung wird genutzt. Dieses Modell lässt sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) und ist daher in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen bestens geeignet.
  • Modul 3: Bei Modul 3 sind Netzbetreiber verpflichtet den Betreibern, die sich für Modul 1 entschieden haben, auch noch Modul 3 als Anreizmodul anzubieten. Dies umfasst zeitvariable Netzentgelte. Für Kund:innen ist dies freiwillig. Diese Option wird voraussichtlich ab 2026 in Kraft treten.

Smartes Energiemanagement 

Die BNetzA erkennt nun an, dass Energiemanagement-Lösungen Haushalte unterstützen können, zeitweilige Beschränkungen in der Stromversorgung lokal auszugleichen. Bei drohenden Netzengpässen dürfen Netzbetreiber künftig den Strombezug von Verbrauchseinrichtungen mit einer Leistung von über 4,2 Kilowatt temporär auf diese Leistungsgrenze dimmen. Nicht steuerbare Haushaltsgeräte sind von dieser Regelung nicht betroffen. Das smarte Energiemanagement greift hier, indem es die Produktion von selbst erzeugtem Solarstrom nutzbar machen kann, um die Stromversorgung trotz Drosselung auszugleichen. Ein Energiemanagementsystem ermöglicht es, dass Wärmepumpen oder Wallboxen weiterhin uneingeschränkt mit Eigenstrom betrieben werden, ohne Beeinträchtigung von Komfort und Bedürfnissen für die Nutzer:innen.

Nachfrageseitige Flexibilität

Die Anpassung des Betriebs neuer steuerbarer Verbrauchseinrichtungen erfordert nun die wetterabhängige Erzeugung erneuerbarer Energien effizient in das Gesamtsystem zu integrieren. Diese Anpassung äußert sich beispielsweise an den Marktpreisen des zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbaren Stroms. Ein flexibler Betrieb wird dabei möglichst selten durch Engpässe in den Netzen eingeschränkt. Das macht nachfrageseitige Flexibilität noch wichtiger.  

Welche Auswirkungen hat § 14a?

Über Netzbetreiber

Netzbetreiber sind nun dazu verpflichtet, beziehungsweise erhalten die Möglichkeit, dass sie die Verbrauchsanlagen drosseln können, um so Überlasten der Netzinfrastruktur zu verhindern. Zudem müssen sie mit den Haushalten vereinbaren, welche Form der Netzentgeltreduktion diese im Falle einer Drosselung erhalten. Neben den bereits erschienenen Modulen soll ab 2025 ein drittes mit zeitvariablen Netzentgelten dazu kommen.

Für Unternehmen

Unternehmen innerhalb der Energiebranche können ihren Fokus nun auf Home-Energy-Management-Systeme legen und damit die Adaption von § 14a EnWG aktiv unterstützen. So können sie einerseits einen Beitrag zur Energiewende leisten, andererseits potentiell mehr Neukund:innen gewinnen.

Zusätzlich rücken durch die Einführung von § 14a auch Unternehmen in den Mittelpunkt, die die genannte Steuerung von Energieanlagen ermöglichen. Anbieter smarter Energiemanagementsysteme (EMS) wie gridX erhalten dadurch eine noch wichtigere Rolle im Energiesystem. 

Der Grund ist simpel: Die in der Energiebranche genutzten Protokolle für die Kommunikation zwischen den Energieanlagen sind Stand heute nicht vollständig vereinheitlicht. Hersteller konnten sich bislang nicht auf einen einheitlichen Standard einigen und setzen daher noch immer auf verschiedenste Sprachen für ihre Anlagen. Aus diesem Grund ist es oft nicht nur äußerst schwierig, Anlagen überhaupt zu steuern, sondern manchmal auch fast unmöglich. Eine Notfallsteuerung bzw. -dimmung, wie sie im Rahmen des § 14a angedeutet wird, ist daher nach jetzigem Stand der Technik für den Netzbetreiber extrem schwer. 

Eine Lösung der Problematik schaffen Anbieter wie gridX. Mit seiner herstellerunabhängigen Technologie wird gridX zum Mittler zwischen den verschiedensten Anlagen und übersetzt Befehle so, dass die jeweilige Zielanlage sie versteht. Hierfür setzt gridX auf einen aufwändigen Prozess zur Integration von unterschiedlichsten Herstellern mit ihren uneinheitlichen Anlagen und Sprachen und sorgt so dafür, dass all diese Anlagen herstellerunabhängig kompatibel sind und vernetzt werden können. Hierbei wird vermehrt das universelle EEBus-Protokoll eingesetzt, um die Befehle an eine gewisse Anlage weiterzugeben und diese nach gewissen Vorgaben zu steuern. Da nach § 14a seit 1. Januar 2024 nur noch steuerbare Neuanlagen verbaut werden dürfen, bekommt die Vereinheitlichung der Gerätesprachen noch zusätzliche Brisanz – schon alleine um die Steuerung sicher und schnell ermöglichen zu können und damit im weitesten Sinne die deutsche Netzinfrastruktur zu schützen. Universelle Gerätesprachen wie EEBus würden eine solche sichere Steuerung der Anlagen schon heute gewährleisten können und haben sich bei der Steuerung durch gridX bereits umfassend bewährt. 

Für private Haushalte

Durch die Festschreibung einer möglichen Reduzierung von Netzentgelten für Privathaushalte, können diese einen aktiveren Part einnehmen. Seit Beginn des Jahres 2024 müssen diese mit ihren Netzbetreibern vereinbaren, dass der Netzbezug in Notsituationen gedrosselt werden kann. Sie haben allerdings den Vorteil, dass sie aufgrund dessen durch die zuvor definierten Module eine Netzentgeltreduktion erhalten. Durch die weiteren Möglichkeiten des Home-Energy-Management-Systems können sie ihre Nutzung nun transparent einsehen, den Einfluss durch Abregelung und Dimmung minimieren sowie den Verbrauch und die Erzeugung von Strom aktiv beeinflussen und so zum Prosumenten werden.