Veröffentlicht:
29. Januar 2024
Aktualisiert:

Virtuelle Kraftwerke

Ein virtuelles Kraftwerk (VPP) ist ein Zusammenschluss mehrerer kleiner bis mittelgroßer Energieanlagen, die zu einem großen System verbunden werden. In diesem System kann die erzeugte Energie nach Bedarf abgerufen und gemeinsam nach den Bedürfnissen des  Markt gehandelt werden. Virtuelle Kraftwerke können den Energiehandel zwischen Tausenden oder Millionen von dezentralen Energieressourcen (DERs) schnell und effizient erleichtern.

Effizienz durch Konnektivität

Der immense, weltweite Anstieg der erneuerbaren Energien (insbesondere von Photovoltaik(PV)-Anlagen, Elektrofahrzeugen, Batterien und Wärmepumpen) macht die Energiesysteme komplexer. Indem diese die Flexibilität der verbundenen Anlagen bündeln und den Strommärkten zur Verfügung stellen, reduzieren VPPs die Komplexität des Energiehandels zwischen Energie erzeugenden, speichernden und konsumierenden Anlagen. Für sich genommen bieten DERs aufgrund ihrer begrenzten Kapazität und Variabilität nur eine limitierte Flexibilität. Jedoch kann man durch die Kombination mehrerer Anlagen in einem großen intelligenten System diese Einschränkungen überwinden und vergleichbare Dienstleistungen wie große Kraftwerke oder industrielle Verbraucher anbieten. Kleine Anlagen werden mit der zunehmenden Installation von Haushaltsbatterien und der fortschreitenden Einführung von E-Autos (EVs) immer wichtiger; und somit auch ihr Potenzial. Die Integration dieser Anlagen und die Nutzung ihrer Flexibilität sind wichtig, um die Zuverlässigkeit nachhaltiger Energiesysteme zu erhöhen und die gesamten Systemkosten zu senken.

Use Cases

Virtuelle Kraftwerke bringen Flexibilität ins Netz. So können sie Energieflüsse ausgleichen, denn sie nutzen die gebündelte Leistung, um auf Veränderungen bei Angebot und Nachfrage und/oder schwankende Strompreise zu reagieren. VPPs haben eine Vielzahl von Use Cases:

Virtuelle Großkraftwerke

Großkraftwerke wie Solar- oder Windparks sowie Biogas-, Ökowasserstoff- oder Wasserkraftwerke können miteinander verbunden und gehandelt werden, um eine gleichmäßige Stromversorgung in verschiedenen Regionen zu gewährleisten. Die Verknüpfung von Energieerzeugungsquellen trägt dazu bei, Angebot und Nachfrage auszugleichen und Engpässe zu vermeiden. 

E-Mobilität

Durch die Integration von Elektrofahrzeugen in das Netz kann man deren Ladeverhalten und -kapazität steuern und diese Aspekte mit anderen angeschlossenen Geräten abstimmen. Der Einsatz von Photovoltaikanlagen oder Batterien, die ebenfalls angeschlossen sind, ist entscheidend. Auf diese Weise können die Kosten durch eine optimierte Stromnutzung gesenkt werden. 

VPPs im Eigenheim

VPPs können auch für Haushalte interessant sein, da der Markt für intelligente Anlagen stetig wächst. Durch die Anbindung von Haushaltsbatterien an den Energiemarkt und die Nutzung von Prognosen kann das volle Potenzial von kleinen Solar- oder PV-Anlagen ausgeschöpft werden. Zudem wird die Selbstversorgung von Prosumern maximiert, was wiederum die Kosten für Endverbraucher:innen und Energieversorger minimiert.

Benefits 

Mit der Nutzung neuester Technologien, bieten virtuelle Kraftwerke eine Vielzahl von Vorteilen: 

  • Sie verringern die Komplexität, da auch kleine DERs an die Strommärkte angebunden werden.
  • Sie senken Risikendurch ein diverses Portfolio,damit im Falle von Fehlfunktionen von Geräten die anderen verbundenen Anlagen diese ausgleichen können.
  • Erhöhen die Netzstabilität, da DERs auf Grundlage von Preisen und Bedürfnissen der Verbraucher:innen entsprechend gesteuert werden können.
  • Ermöglichen volle Kontrolle dank der Visualisierungsmöglichkeiten der Anlagen und Energieflüsse.
  • Steigern Einnahmen, indem sie Energieakteure die Flexibilität voll ausnutzen können, um neue Einnahmequellen zu erschließen und die Kosteneffizienz des ganzen Systems zu erhöhen.
  • Sie senken Emissionen, indem die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen durch Integration lokaler erneuerbaren Energiequellen verringert wird.

Optimierung findet auf lokaler und Systemebene statt

Die Herausforderung bei kleinen DERs besteht darin, dass sie in der Regel für lokale Anwendungsfälle, wie die Selbstversorgung von Haushalten, gesteuert werden. Eine solche lokale Optimierung könnte den allgemeinen Anforderungen des Netzes zuwiderlaufen. So könnte beispielsweise überschüssiger Strom zum Aufladen eines Autos vor Ort verwendet werden, anstatt ihn zur Deckung der Nachfrage ins Netz einzuspeisen. Durch die Anbindung des lokalen Energiemanagementsystems (EMS) an den Markt wird dies überwunden und ermöglicht sowohl die Maximierung der Selbstversorgung als auch die Stabilisierung des Netzes.

Implementierung und technische Anforderungen

  1. Nutze die Möglichkeit, alle DERs nahtlos zu verbinden und zu steuern. Dies ermöglicht es den Betreiber:innen, Anlagen zu gruppieren, Prioritäten zu setzen und spezifische Einschränkungen und Flexibilitäten festzulegen.
  2. Anschluss an Vorhersagefunktionen in Bezug auf den Markt, das Wetter und die Kapazität. Ein VPP muss alle DERs in Echtzeit verwalten und mit ihm kommunizieren, um seine volle Flexibilität zu nutzen. Das erfordert einen komplexen Algorithmus.
  3. Ein virtuelles Kraftwerk empfängt Preissignale und Befehle vom Markt und sendet Sollwert-Signale an die angeschlossenen Anlagen, um ihnen mitzuteilen, welche Anpassungen gemacht werden müssen. Leistungsmessungen, Zustände, Beschränkungen und/oder Fehler werden laufend ausgetauscht, um die Flexibilität der Anlagen zu maximieren.

Regulierungen

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der EU beschränken immer noch die Teilnahme von kleinen DERs an Flexibilitätsprogrammen auf der Nachfrageseite, die eine Aggregation und Verknüpfung mit Großhandels- und Spotmarktpreisen beinhalten. Das bedeutet, dass ein Großteil des Potenzials der nachfrageseitigen Flexibilität durch VPPs ungenutzt bleibt. Die Regierungen müssen festlegen, wie Steuern und Gebühren in dem neuen System verteilt werden, und Anreize für die Installation und Nutzung dezentraler Anlagen für individuelle, gewerbliche und private Projekte schaffen. Außerdem ist es wichtig, die Nutzerdaten zu schützen, den Einsatz neuer Technologien transparent zu machen und den Einsatz zuverlässiger cyber-physischer Sicherheitssysteme zu unterstützen.