Veröffentlicht:
4. März 2024
Aktualisiert:

Netzanschlusspunkt

Ein Netzanschlusspunkt (NAP), oder auch Grid Connection Point, ist die Stelle, an der Netznutzer:innen – seien es Energieerzeuger, welche Strom in das Netz einspeisen, oder Energieverbraucher:innen, die Strom aus dem Netz beziehen – physisch an die Netzinfrastruktur angeschlossen werden. Die Kosten für die Netzinfrastruktur bis zum NAP werden von den Netzbetreiber:innen getragen. 

Warum ist ein NAP wichtig?

Ein Netzanschlusspunkt ist sowohl für die Stromerzeuger:innen als auch für die Endverbraucher:innen von entscheidender Bedeutung. Er stellt die Schnittstelle zwischen den Anlagen der Verbraucher:innen und dem Netz dar. Es handelt sich um den Punkt, an dem die Endverbraucher:innen mit dem öffentlichen Netz verbunden sind. Der NAP umfasst sowohl die Niederspannungs- als auch die Mittelspannungsebene und dient somit als wichtige Schnittstelle zwischen den Anlagen der Verbraucher:innen und dem Verteilnetz.

Was ist ein Netzanschlusspunkt?

NAP können in zwei Haupttypen unterteilt werden, die von verschiedenen Stellen innerhalb der Energienetzinfrastruktur verwaltet werden.

Arten von Netzanschlüssen

Hochspannungsanschluss

In Europa sind unter Hochspannungsnetzen in der Regel jene mit Spannungen zwischen 10 Kilovolt (kV) und 380 kV, zu verstehen. Sie liegen in der Verantwortung von 
Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) überwacht werden. In erster Linie dienen diese Verbindungen der Übertragung von Strom aus großen Erzeugungsanlagen mit einer Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt (MW). Die Hochspannungsnetze werden in drei Kategorien eingeteilt.

Höchstspannung (Übertragungsspannung): Diese Verbindungen sind für den Ferntransport von Strom in Hochspannungsleitungen ausgelegt und verbinden große Kraftwerke (einschließlich Kohle-, Gas-, Pumpspeicher-, Wasser- und Windkraftwerke) und Umspannwerke (Knotenpunkte zu untergeordneten Netzen) mit dem Netz.

Arten des Netzanschlusses

Hochspannungsanschlüsse: Dienen dem Stromtransport in Übertragungsnetzen und gewährleisten eine effiziente Verteilung in den Regionen. Sie schließen Kraftwerke mittlerer Größe (darunter Kohle-, Gas-, Pumpspeicher-, Wasser- und Windkraftanlagen) sowie Umspannwerke (Knotenpunkte zu über- und untergeordneten Netzen) an das Netz an.

Mittelspannungsanschlüsse: Dienen sowohl der Versorgung der energieintensiven Industrie als auch, in einigen Fällen, der Ladeinfrastruktur für E-Autos im Rahmen der E-Mobilität. Letztere ist allerdings noch immer weniger verbreitet. Daneben stellen sie das Verbindungsstück von Kraftwerken geringer Größe (wie Gas-, Pumpspeicher-, Wasser-, Wind-, Solarenergieanlagen) sowie Umspannwerke und Trafostationen (Knotenpunkte zu über- und untergeordneten Netzen) zum Netz dar.

Niederspannungsanschluss

Ein Niederspannungsanschluss bezieht sich auf den Teil des Verteilnetzes, der von Verteilernetzbetreibern (VNB) verwaltet wird und in der Regel aus lokalen und regionalen Energieverteilungsnetzen mit einer Spannung von 250 bis 400 Volt (V) besteht. Diese Anschlüsse spielen eine entscheidende Rolle bei der Integration erneuerbarer Energiequellen sowie bei der Elektrifizierung und Versorgung der Verbraucher:innen mit dezentralen Energieressourcen. In der Regel werden so die Endverbraucher:innen, einschließlich Haushalte und private Ladestationen, nahtlos an das Netz angeschlossen.

Netzanschlusspunkte für verschiedene erneuerbare Energiequellen

Solarenergie

Im Zusammenhang mit der Photovoltaik (PV) bezieht sich ein NAP auf den spezifischen Ort, an dem eine PV-Anlage an das Stromnetz angeschlossen ist. Dieser Anschluss ermöglicht die Einspeisung der dezentral erzeugten Solarenergie in das Netz, sodass die überschüssige Energie verteilt und von anderen Verbraucher:innen innerhalb des Stromnetzes konsumiert werden kann – vor allem, wenn eine Speicherung vor Ort nicht möglich ist.

Netzanschlusspunkt für verschiedene Energiequellen

Der NAP dient als Schnittstelle zwischen der PV-Anlage und der allgemeinen Netzinfrastruktur. Zudem ermöglicht er die Übertragung des durch PV erzeugten Stroms in das Netz und umgekehrt, wenn die PV-Anlage nicht genug Strom produziert, beispielsweise in der Nacht oder bei starker Bewölkung.

Windenergie

Der NAP hat in der Windenergie eine entscheidende Aufgabe bei der Gewährleistung eines stabilen und zuverlässigen Stromnetzes. Mit Hilfe von Lastfluss- und Notfallanalysen ermöglicht der NAP eine umfassende Untersuchung der Auswirkungen der Windenergieerzeugung auf die Spannungsschwankungen unter normalen Betriebsbedingungen und in Notfällen.

Insbesondere die am NAP durchgeführte Studien zur Auswirkung der Winderzeugung ermitteln vor allem die von den Windparks benötigte Blindleistung, einschließlich der Bestimmung verschiedener Regelungsmodi – Spannung, Statik (droop) oder konstanter Leistungsfaktor –, des erforderlichen Blindleistungsbereichs und des potenziellen Bedarfs an zusätzlichen Blindleistungskompensationsvorrichtungen im Netzsystem. Diese Maßnahmen sind für die Optimierung der Integration von Windenergie in das Netz von entscheidender Bedeutung.

Weitere erneuerbare Energiequellen

Bei geothermischer Energie, Wasserkraft, Meeresenergie und Bioenergie ist ein gut geplanter und strategisch günstig gelegener Anschluss an das Stromnetz wichtig, um die erzeugte Energie nutzbar zu machen und zu verteilen. Jede Energiequelle stellt jedoch besondere Anforderungen. Geothermische Energiesysteme erfordern beispielsweise oft die Nähe zu geothermischen Reservoirs, während Wasserkraftwerke selbstredend in der Nähe von Gewässern mit geeigneten Durchflussmengen liegen müssen. Für die Meeresenergie hingegen ist eine spezielle Meeresinfrastruktur nötig. Für Bioenergieanlagen ist ein einfacher Zugang zu den Rohstoffquellen notwendig.

Unabhängig von den Unterschieden optimiert ein gut dimensionierter Netzanschlusspunkt die Effizienz von dezentralen erneuerbaren Energieressourcen und trägt zu einer nachhaltigeren Energielandschaft bei.

Herausforderungen beim Schaffen neuer Netzanschlüsse

Der Netzanschlussprozess ist in Deutschland in den letzten Jahren immer komplexer geworden und stellt sowohl die Entwickler von Erneuerbare-Energien-Projekten als auch Netzbetreiber vor Herausforderungen.

Mit den ehrgeizigen Zielen des Landes zum Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Wind- und Solarenergie, ist die Nachfrage nach Netzanschlüssen sprunghaft angestiegen. Diese Zunahme hat jedoch zu Verzögerungen und administrativen Hürden geführt, sodass es von entscheidender Bedeutung ist, Wege zur Vereinfachung des Netzanschlussverfahrens zu finden.

Herausforderungen bei der Herstellung des Netzanschlusses

Die genannte Komplexität ergibt sich aus verschiedenen Faktoren, darunter technische Anforderungen, rechtliche Rahmenbedingungen und die schiere Menge an Erneuerbare-Energien-Projekten. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Netzanschlussprozess für erneuerbare Energien effizienter, transparenter und zugänglicher zu gestalten, um die nationalen Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren zu erreichen und gleichzeitig die Nachhaltigkeit der Netzinfrastruktur zu gewährleisten.

Identifizierung des zuständigen Netzbetreibers

Um einen reibungslosen und gesetzeskonformen Netzanschluss für Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien zu ermöglichen, müssen Erzeuger:innen zunächst den zuständigen Verteilnetzbetreiber (VNB) ermitteln. Während Institutionen wie der VDE darauf abzielen, standardisierte Verfahren zu etablieren, kann die tatsächliche Durchführung variieren. Um voranzukommen, müssen die Energieerzeuger:innen oft manuell wichtige Daten aus verschiedenen Quellen sammeln. Beispielsweise aus Anlagenprotokollen, die nicht unbedingt in einem CRM-System enthalten sind. Sobald diese wichtigen Informationen gesammelt sind, werden sie an den Netzbetreiber übermittelt.

Zur Optimierung dieses Prozesses sind Standardisierung und Automatisierung der Schlüssel. Dazu gehört die Entwicklung standardisierter Verfahren und digitaler Tools, die es Erzeuger:innen ermöglichen, schnell den zuständigen VNB zu ermitteln, auf die erforderlichen Daten zuzugreifen und die nötigen Unterlagen einzureichen, wodurch der Netzanschlussprozess vereinfacht und beschleunigt wird. In diesem Zusammenhang ist der erste Schritt zur Identifizierung des richtigen Netzbetreibers von entscheidender Bedeutung, da er den Ausgangspunkt für die nachfolgenden rationalisierten und automatisierten Verfahren bildet.

Standort des Generators

Die Nähe einer Stromerzeugungsanlage zur bestehenden Netzinfrastruktur kann einen erheblichen Einfluss haben. Stromerzeugungsanlagen, die sich in der Nähe bestehender Netzanlagen befinden, können zu Kosteneinsparungen und betrieblicher Effizienz beitragen, indem sie den Bedarf an umfangreichen Infrastrukturausbauten minimieren und einen reibungsloseren Integrationsprozess ermöglichen. Dies gilt für verschiedene Methoden der Stromerzeugung, ist aber besonders relevant für Nieder- und Mittelspannungsenergieerzeuger wie Solar- und Windparks.

Generatorleistung

Die Kapazität eines Generators wirkt sich direkt auf die Netzstabilität aus, da große Generatoren die Spannung und das Leistungsgleichgewicht stören können. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Infrastruktur, zum Beispiel an Umspannwerke und Übertragungsleitungen, und macht Netzausbauten für Generatoren mit hoher Leistung und lokale Lösungen für kleinere Generatoren erforderlich. 

Spannungsniveau des Netzes

Hochspannungsanschlüsse werden in der Regel für große Erzeuger verwendet, während Niederspannungsanschlüsse eher für kleinere, dezentrale Erzeuger geeignet sind. Die Anpassung der Spannung des Generators an das Netz ist für eine reibungslose Integration unerlässlich.

Bestehende Infrastruktur des Netzes

Modernisierung oder Erweiterung der Netzinfrastruktur ist oft notwendig, um einen neuen oder erweiterten Anschluss zu ermöglichen. Um einen zuverlässigen und effizienten Netzanschluss zu gewährleisten, ist es wichtig, die Kapazität des Netzes, die Belastung und mögliche Engpässe zu bewerten.

Netzwerktauglichkeit für dezentrale Energieressourcen (DERs)

In einer Zeit, die durch die Dezentralisierung, Dekarbonisierung und Digitalisierung (drei Ds) der Energiewirtschaft gekennzeichnet ist, ist die Sicherstellung der Netzbereitschaft für die nahtlose Integration verteilter Energieressourcen (DERs) von größter Bedeutung. Diese Bereitschaft umfasst verschiedene kritische Aspekte, darunter die Fähigkeit, DERs effizient anzuschließen, zu steuern und zu optimieren sowie die Erzeugung und den Verbrauch von Energie mit den allgemeinen Anforderungen des Netzes in Einklang zu bringen. Sie ist ein wesentlicher Schritt zur Verwirklichung des ehrgeizigen Ziels, bis 2050 das Net-Zero-Ziel zu erreichen.

Kapazität am Netzanschlusspunkt

Um die Herausforderung einer potenziellen Überlastung der Netzanschlusspunkte durch zahlreiche dezentrale Energiequellen zu bewältigen, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Die physische Netzinfrastruktur kann zwar erweitert oder modernisiert werden, doch sind diese Bemühungen oft sehr zeit- und kostenaufwändig. Selbst mit diesen physischen Verbesserungen kann der Netzanschlusspunkt aufgrund der schieren Menge der Energieein- und -ausgänge überlastet werden.

Kapazität am Netzanschlusspunkt

In solchen Szenarien erweist sich ein smartes Energiemanagementsystem (EMS) als wirksame Lösung zur Regulierung und Optimierung des Stromflusses. Das EMS arbeitet in einem 15-minütigen Optimierungszyklus und gleicht Angebot und Nachfrage auf intelligente Weise aus, indem es Echtzeitfaktoren wie die Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen berücksichtigt.  Es stellt sicher, dass vordefinierte Grenzwerte in jedem 15-Minuten-Intervall nicht überschritten werden, was mit den Abrechnungspraktiken der VNB (auch bekannt als Distribution System Operators, kurz DSOs) übereinstimmt, die die Spitzenleistungen in Rechnung stellen.

Durch die dynamische Anpassung des Leistungsbedarfs der angeschlossenen Geräte auf der Grundlage der Gesamtlast innerhalb des Optimierungsintervalls minimiert dieser Ansatz nicht nur die Netzentgelte, sondern trägt auch dazu bei, die höchsten Bedarfsspitzen in jedem Abrechnungszeitraum zu reduzieren. Diese ganzheitliche Strategie integriert abgestimmte Verbesserungen der physischen Infrastruktur mit fortschrittlicher EMS-Technologie, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus der Vielfalt der dezentralen Energieressourcen ergeben. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass Spitzenlastverschiebung und Lastoptimierung erreicht werden, um die Netzstabilität und -effizienz zu unterstützen.