Veröffentlicht:
4. März 2024
Aktualisiert:

Vehicle-to-Grid (V2G) und Vehicle-to-Home (V2H)

Elektrofahrzeuge (EVs) sind zu 95 Prozent der Zeit ungenutzt irgendwo geparkt. Durch bidirektionales Laden werden E-Autos zu aktiven Komponenten, die zu einer Balance in vernetzten Energiesystemen beitragen können. Vehicle to grid (V2G) erlaubt die Entnahme von Strom aus EVs und die Rückspeisung ins Netz, wenn dort zusätzlicher Strom benötigt wird. Vehicle to home (V2H) agiert nach einem ähnlichen Konzept, allerdings gelangt hierbei der Strom aus dem Auto ins Haus, um dort andere Geräte mit Strom zu versorgen. V2G und V2H verleihen modernen Energiesystemen eine enorme Flexibilität, da sie die Nutzung von EVs als zusätzliche Energiespeicher ermöglichen. 

Unterschiede zwischen intelligentem und bidirektionalem Laden

Intelligentes Laden vs. bidirektionales Laden
Intelligentes Laden vs. bidirektionales Laden

Intelligentes Laden (oder V1G) ist von Natur aus unidirektional - der Strom fließt in eine Richtung aus dem Netz oder einer anderen Stromquelle, um das Elektrofahrzeug zu laden. Durch intelligentes Laden kann der Zeitpunkt des Aufladens des E-Fahrzeugs verändert werden, so dass flexible Lasten in Zeiten außerhalb der Spitzenlast verschoben werden können, um den Verbrauch auszugleichen.

Ladevorgänge und -präferenzen, wie Abfahrts-/Ankunftszeit und erforderliche Reichweite, können ebenfalls an die Anforderungen des Eigentümers oder Betreibers angepasst werden. Darüber hinaus kann intelligentes Laden die Flexibilität maximieren, indem es in Übereinstimmung mit den Time-of-Use-Tarifen (ToU) geladen wird.

Bidirektionales Laden hingegen ermöglicht es, den Strom in die andere Richtung zu leiten, so dass das Laden und Entladen der E-Fahrzeuge nach den Bedürfnissen des Netzes oder des Hauses ausgerichtet werden kann. Dies trägt dazu bei, die Autarkie der Haushalte zu erhöhen und hat das Potenzial, die Netzstabilität in größerem Umfang zu verbessern.

Vehicle to Grid (V2G)

Was ist Vehicle-to-Grid (V2G)?

Bei Vehicle to grid, kurz V2G, wird der EV an das lokale Stromnetz angeschlossen und die dort gespeicherte Energie kann in Zeiten von niedriger Stromversorgung genutzt werden. So kann die Batterie des Fahrzeugs je nach Bedarf des Netzes geladen oder entladen werden, um Angebot und Nachfrage auszugleichen. Die Batterien angeschlossener EVs, zum Beispiel von EV-Flotten, können auch gebündelt werden, um ein größeres Speichervolumen bereitzustellen, wenn Strom benötigt wird. Diese Fahrzeuge können dann bei geringer Nachfrage vollständig aufgeladen werden, sodass sie bei Bedarf mit voller Batteriekapazität fahren können.

Vehicle to Home (V2H)

Was ist Vehicle-to-home (V2H)?

Das Konzept von Vehicle-to-Home (V2H) ist ähnlich wie V2G. Allerdings speist das Elektrofahrzeug den Strom nicht direkt in das örtliche Stromnetz ein, sondern in einen angeschlossenen Haushalt, um andere elektrische Geräte zu betreiben. So können Hausbesitzer E-Fahrzeuge als Zwischenspeicher nutzen, indem sie überschüssige Energie aus ihren Elektrofahrzeugen für den eigenen Bedarf verwenden.

Wenn zum Beispiel die Wetterbedingungen für die lokale Solarstromerzeugung nicht optimal sind, kann der im Elektroauto gespeicherte Strom in das Haus eingespeist werden, um eine Wärmepumpe oder Haushaltsgeräte zu betreiben. Wenn dann die Sonne scheint, kann das Elektroauto mit Solarenergie wieder aufgeladen werden, um für die nächste Fahrt bereit zu sein. Auf diese Weise wird die Autarkie maximiert, da die Hausbesitzer weniger vom Stromnetz abhängig sind und so die Kosten minimieren können, ohne Kompromisse bei der Mobilität einzugehen.

Vehicle to Everything (V2X)

was ist vehicle-to-everything v2x

Vehicle-to-everything (V2X) bietet eine Vielzahl von Anwendungsfällen, da es die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und allen angeschlossenen Geräten ermöglicht. Dazu gehören auch die Konzepte V2G und V2H. Vehicle-to-Everything kann somit als Unterbegriff für jede Form der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und netzgekoppelten Geräten beschrieben werden.

Technische Voraussetzungen

V2g und V2H Technische Anforderungen

Damit sichergestellt werden kann, dass V2G und V2H auch das volle Potential von EVs ausschöpfen können, gibt es bestimmte, technische Voraussetzungen die erfüllt sein müssen: 

  • Der Ladestecker muss so angepasst sein, dass der Strom in beide Richtungen fließen kann. Es gibt zwei Haupttypen, die in diesem Fall am häufigsten verwendet werden – den CHAdeMo-Stecker und den CCS-Stecker.
  • Nicht alle E-Fahrzeuge sind bidirektionale Fahrzeugeda nur bestimmte Automobilhersteller V2G-Funktionen unterstützen. Nissan, Hyundai, Mitsubishi, Ford, Genesis und Kia sind einige der bekannten Autohersteller mit bidirektionalen Fahrzeugen, während viele andere, wie Volkswagen, BMW und Volvo, voraussichtlich in naher Zukunft V2G-kompatible E-Fahrzeuge auf den Markt bringen werden.
  • Ein umfassendes Energie-Management System (EMS) ermöglicht eine nahtlose Kommunikation zwischen den angeschlossenen Anlagen. Nur mit einem EMS kann die Ladeinfrastruktur mit dem Netz und anderen Anlagen in einem Gebäude oder Haus kommunizieren, um zu wissen, wann sie optimal geladen und entladen werden sollte, um die Einsparungen zu optimieren und die Effizienz zu maximieren.
  • Kommunikationsprotokolle helfen die bidirektionale Kommunikation zwischen einem Fahrzeug und einer Ladestation zu regeln – meist über OCPP 2.0, ISO 15118 und/oder IEC 15118.
  • Besonders wichtig ist ein EVCS (Electric Vehicle Charging station), das V2X-Funktionen unterstützt.

Vorteile von bidirektionalem Laden

Was sind die Vorteile der bidirektionalen Aufladung?
  • Optimierte Nutzung von EVs, indem sie den Strombedarf decken und Überlastrisiken des Netzes in Spitzenlastzeiten reduziert.
  • Maximale Autarkie, da das Fahrzeug als Batterie genutzt wird, was überschüssigen Strom speichert, um ihn in Zeiten geringer Eigenproduktion zu nutzen.
  • Gesenkte Kosten, da weniger Strom aus dem Netz bezogen werden muss. Fahrzeughalter:innen können die im EV gespeicherte Energie bei Bedarfsspitzen an das Netz verkaufen und so zusätzliche Einnahmen erzielen.
  • Verbesserte Netzstabilität durch eine bessere Integration von EVs in die Stromnetze. Angeschlossene Anlagen werden dadurch flexibel und können auf Veränderungen von Angebot und Nachfrage reagieren.
  • Verringerung der Emissionen durch die erhöhte Nutzung nachhaltiger Energie für den Betrieb von EVs und die Erhöhung der Zuverlässigkeit der intermittierenden erneuerbaren Energien.
  • Die als rollende Speicher bezeichneten EVs können von einem Ort zum anderen fahren und den Strombedarf an ihrem aktuellen Standort flexibel decken. 
  • Nahtloses Laden für Besitzer:innen von Elektrofahrzeugen. Fahrzeughalter:innen müssen die Lade-Anforderungen oder Bedingungen angeben, wie unter anderem so günstig wie möglich laden, mit den geringsten CO2-Emissionen laden, Mindestreichweite und Abfahrtszeit, – alles andere wird vom EMS im Hintergrund erledigt.
  • Verbesserungen der Gesamtbetriebskosten für die Besitzer:innen von EVs durch die Möglichkeit, die Selbstversorgung zu erhöhen, an Flexibilitätsdienstleistungen in verschiedenen Energiemärkten teilzunehmen und EVs nach flexiblen Tarifen zu laden/entladen.

Herausforderungen für V2G und V2H

Was sind die Hindernisse und Herausforderungen für V2G/V2H
  • Verschlechterte Batterieleistung: Dies kann durch eine erhöhte Anzahl von Lade- und Entladezyklen beschleunigt werden, die durch eine externe Steuerungseinheit, die die Batterie kontrolliert, verursacht werden kann.
  • Potenzieller Energieverlust: Während das bidirektionale Laden einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreichen kann, geht beim Wechsel von Laden auf Entladen und umgekehrt Energie verloren.
  • Unausgereifte Vorschriften und Normen: Obwohl die Technologie, die das bidirektionale Laden ermöglicht, bereits existiert, wurde der Rahmen für die vollständige Integration der V2G/V2H-Technologie in den EU-Markt noch nicht vollständig umgesetzt. Das Fehlen einer umfassenden Regulierung, öffentlicher Finanzierung und uneinheitliche Normen verhindern nach wie vor, dass V2G/V2H in großem Umfang eingeführt wird. 
  • Fehlende Anreize: Nutzungszeit Tarife ermutigen Nutzer:innen, schwankende Strompreise voll auszunutzen, indem sie in der Schwachlastzeit laden und in der Spitzenlastzeit entladen, um Geld zu sparen und die Belastung des Netzes zu verringern. Allerdings fehlt es auch an rechtlichen Rahmenbedingungen für derartige Anreize, die V2G/V2H ergänzen, so dass sich das bidirektionale Laden nicht durchsetzen kann.
  • Eine Vielzahl von Interessengruppen ist involviert; von den Autoherstellern, der Energieversorger, den Fahrer:innen von EVs bis hin zu den Regierungen/Gesetzgebungsorganen, die Einfluss auf das Feature haben. Sie müssen zusammenkommen, zusammenarbeiten und sich auf Bedingungen einigen, die für alle Beteiligten eine „Win-Win-Situation“ darstellen. Dies führt zu weiteren Komplikationen und Verzögerungen bei der Einführung von V2X als marktreifes Feature.

Use Cases von bidirektionalem Laden

„Bidirektionales Lademanagement - BDL“ ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von BMW und den E.ON-Töchtern Bayernwerk und E.ON Energie Deutschland, das den ganzheitlichen Ansatz von vernetzten Fahrzeugen, Ladeinfrastruktur und Stromnetzen mit dem Fokus auf erneuerbare Energien aufzeigt. 50 V2G-fähige E-Fahrzeuge wurden den Kunden zur Verfügung gestellt, die sich den Rückmeldungen zufolge leicht in den Alltag integrieren ließen und als nützlich empfunden wurden.

Das Projekt hat gezeigt, dass bidirektionales Laden ein effektiver Weg ist, um den Verbrauch erneuerbarer Energien zu erhöhen, und unterstreicht die Bedeutung der Elektromobilität für die Energiewende. Die Ergebnisse des Projekts fließen in das Kundenangebot „Connected Home Charging“ ein, das das erste europaweite Ökosystem für intelligentes Laden zu Hause darstellt. Die XENON-Plattform von gridX bildet die technologische Grundlage für diese Lösung.

Ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie bidirektionales Laden zur Netzstabilität beiträgt, ist das xSite-Projekt, eine Zusammenarbeit zwischen FIEGE, E.ON, EBZ, gridX und RSW Technik. Die XENON-Plattform von gridX steuert die Ladevorgänge für Elektrofahrzeuge entsprechend der Echtzeit-Energielast am FIEGE-Standort, um die verfügbare Energie optimal zu nutzen.

Zwei bidirektionale Ladepunkte ermöglichen es, E-Fahrzeuge, die längere Zeit stillstehen, als Batterien zu nutzen, indem Energie aus den Autobatterien zurückgespeist und anderweitig verwendet wird. „Mit FIEGE und unseren Projektpartnern bringen wir jetzt erfolgreich eine innovative, intelligente Ladelösung in die Praxis, die das Klima schützt und die Kosten für unsere Kunden senkt.

Nach gemeinsamen Berechnungen lassen sich bei voller Auslastung der zwölf Ladepunkte rund 6.000 bis 13.000 Euro pro Jahr einsparen“, sagt Mathias Wicher, Vice President eMobility bei E.ON SE.

Die Zukunft von V2G und V2H

V2G und V2H sind technisch bereits möglich. Mangelnde Normen und unausgereifte Vorschriften bremsen jedoch ihr wahres Potenzial aus. Mit einer exponentiell steigenden Anzahl von EVs auf unseren Straßen und einer zunehmenden Anzahl von realen Use Cases ist jedoch klar, dass das bidirektionale Laden ein hohes Maß an Flexibilität für nachhaltige Energiesysteme mit sich bringen wird.

Sieh dir dieses Video an, um zu erfahren, wie das bidirektionale Laden zu Hause im Rahmen des Pilotprojekts Bi-clEVer, einer Initiative von E.ON, BMW und gridX, den Nutzer:innen im Alltag hilft: